Përcht(e) Përchtel Fem. (tw. Mask.) weibliche Sagen- und Brauchtumsgestalt, die um die Weihnachtszeit in merkwürdiger Zweigestaltigkeit, einerseits als Sinnbild der Schönheit, andererseits als Inbegriff der Häßlichkeit auftritt. – Obd. Wort, das nur im Thüringischen auf md. Boden übergreift, sich in Bezeichnung und Überlieferung im Bair.-Österr. zu einem mächtigen geschlossenen Raum mit zahlreichen vorgelagerten Inseln (jedoch nicht in allen bair. SI) zusammenballt (vgl. Kranzmayer Percht 55 mit Verbr.-K., ders. Kennw. 10). Zur Verbr. im alem. Raum vgl. Schweizdt.Wb. 4,1538f., Schwäb.Wb. 1,858. Etymologie Etym. und hist. Bel.: Nach J. Grimm: Dt. Mythologie. Göttingen ³1854, Bd. 1, S. 250f. (vgl. auch ders. DWB 1,1491) und Kranzmayer (Percht 57) vom ahd. Adj. përaht „leuchtend, glänzend“ abzuleiten, das in PN wie → Përchtold, Adalbert. Růpërt weiterlebt; P. bezöge sich dann auf den zunehmenden Tag nach der Wintersonnenwende (Kranzmayerebd.). Schmeller (1,269) bezog die Deutung direkt auf den Kalendertag des Auftretens der P., vgl. → (Përchten)tag (6.1.), bzw. auf dessen Vorabend, den → (Përcht)âbend, und stützte sich auf die Syn. Pfinz, Semper und → Luzia, die ebenfalls an Kalendertermine gebunden sind. Andere Deutungen nehmen auf die „dunkle Seite“ der P. Bezug und leiten den Namen in Hinblick auf das gemeinsame Auftreten mit dem Totenheer von ahd. përgan (→ përgen) „verbergen“ ab, vgl. Perhta HDA 6,1479 mit Literaturangaben. – Ahd.: *Përahta nach Kranzmayer Percht 56 (vgl. das Adj. bërht Graff 1,209, Ahd.Wb. 1,881), mhd.: Bërhte, bërhtel (Lexer1,191); lt Schmeller 1,269 bis ins 13.Jh. zurückzuverfolgen, nach Kranzmayer ebd. 57 schon seit dem 8.Jh. anzusetzen auf Grund der Entlehnung in die rom. Mda. des südtir. Sulzberges als Berta (mit b-). Abgesehen von den zahlreichen Nennungen der P. in meist lat. Werken. die Schmeller ebd. zitiert. nur in wenigen älteren Bel. greifbar, wie: Do hiez got uber die sinen ein michel lieht erschinen, ein groze berhtel vn glast Wernher Marienleben (12.Jh.), zit. nach Fundgruben f. Geschichte deutscher Sprache und Litteratur, hg. v. H. Hoffmann (Breslau 1837) 2.162,3f.; Percht (Precht) mit der eisnen nas Vintler Pluemen (1411) 7762; Ir sült vast ezzen, daz ist min bete. daz iuch Berht(e) nicht trete tir. Gedicht „Von Berhten mit der langen nase“ a. 1393. hg. v. F.H. v.D. Hagen: Gesamtabenteuer. Stuttgart-Tübingen (1850) 3,34.23f. LautungI. Mit ausl. -a (tw. durch Einwirkung des altdt.fem.PN Përhta, → Përta, tw. durch Laut. gesetzlichkeit in MittelKä., tw. durch Einfluß des It. bzw. Slowen.):1. Përchta: pęrxta Pfelders STir.; Paternion Kä.; St. Stefan im Gailtal, Uggowitz Kanaltal, beide in slowen. Mda.; bęrxta Plan Egerl.2. Përta: pęrta Dreizehn Gem. Kranzmayer °Zimbr.Wb.(1930), Egg im Gailtal in slowen. Mda., perta Pleteršnik 2.25; zu dem im Obd. verbr. Schwund des x in der Lautfolge -rxt- vgl. Kranzmayer Percht 55.3. Përchtra. Pëchtra: pęrtra UnterKä. (bei Dt.- u. Slowen. Sprachigen) verbr., desgl. Tarvis It.; versch. Spielformen in den slowen. Mda. des Kanaltalgeb. It.: pęrχtra-wāwa Weißenfels, Raibl, Malborghet, perhtala-wāwa Pontafel, pęɐrtɐla-waba Leopoldskchn; pęxtrababa mehrfach Rosental, Jauntal, Kanaltal It., pęxtrawābm Straßburg, auch peɐrxtrɐ-wawa Metnitzgeb., Kalvarienbg bei Althfn Kä.; nach Kranzmayer (Percht 56) ins ältere Slowen. als *Perhtla baba („Perchtel-Großmutter“) entlehnt und in frühmhd. Zeit als pęrxtlwǫba, -gǫba und -wǫga, die alle im heutigen Mittel- und UnterKä. auftreten, rückentlehnt; zu Pechtra, Pechtra-baba, Perchtra vgl. Graber Sagen Kä. 80, 234; zu den Entl. vgl. slowen. pę̂htra, pę́hta Pleteršnik 2.19.4. Mit Stammvokal -a- für germ. -ë- und -o für ahd. -a in fem. PN: pārχto Tschinkel SI Gottschee (1908) 159, Pachtomullo Tschinkel SI Gottschee (1906) 49; ß̌̌tompfo-parto „Stampfe-Percht“ Tschinkel SI Gottschee (1931) 45, vgl. Hornung OTir.(1964) 149; pā(r)xto, pārto, puərto Tschinkel SI Gottschee 2,114.5. Italianisiert sind die Ltg pęrtige SI Lusern, pęrtiga SI Folgaria; in it. Mda. eingedrungen ist bęrta „Elster“ (ein gespenstischer Vogel) Mailand AIS 3,504.II. Mit Erhaltung des mhd. -e in altertüml. Mda.:1. Përchte: pęrxte St. Veit in Defereggen OTir., perχte, Pl. -n Iseltal und Lienzer Becken OTir. (vgl. Hornung OTir.[1964] 34. 46. 51), Dölsach OTir., Dellach obGailt.2. Përte: pę̄rte SI Zarz, pę̄ərte Huben SI Zarz.3. Pëchte mit Entwicklung von -rxt- > -xt-: pęχtə, Pl. -n, ob.Zillertal.III. Mit Schwund des ausl. Vokals:1. Përcht: pę(ɐ)rχt u.ä. unt.Zillertal. nordöstl. Tir., Pinzgau; bęɐxt Ennspongau und ob.Ennstal, Salzachpongau, Flachgau; bęɐrkxt Unken Sa.2. Përst (zu -ršt s. Kranzmayer Percht 55): bęršt u.ä. um Kufstein mit angrenzendem Verbreitungsraum in Bayern, mittl., unt. Ennstal, Kralovec °Dreiländerecke OÖ-NÖ-St. (1967) 78 sowie Schwarz °St. Anton sw.NÖ (1963) 172, ob.Ybbs- und Erlauftal, Mariazellergegend.3. Përt tritt als weitere Folge des -rxt- Wandels vereinzelt auf, z.B. Losenstein bei Weyer OÖ.4. Prëcht mit r- Metathese: bręxt Unterinntal Tir. (SchatzTWB 1,105, Schöpf TWB [1866] 516).5. Përk: bęɐk Abtenau und Umg. Salzburg, bęɐg Ostermiething OÖ.IV. Mit ausl. -l auf ahd. *për(a)htala zurückgehend, mit fem. Genus wie in weibl. PN üblich (z.B. Grêtel), nicht als Dem. empfunden und nicht neben einer anderen Form gebraucht:1. Përchtel: pęrχtl u.ä. (unter rundendem Einfluß des r auch pörχtl [OberSt.]), um Lienz, Iselsbg, im unteren Iseltal und im Def.. vgl. Hornung OTir. (1964) 74; Kä. verbr., bes. Lesachtal, Drautal, Mölltal, Maltatal, Gurktal; perχtl Heiligenblut, vgl. Lexer KWB (1862) 21, -ę- Lungau. Obermurgeb., dort auch mit kakuminalem -l-: pölxtl Oberzeiring, Gaal St. einschließlich Umg.Krakaudf; mit -a-: parxtl Bad St. Leonhard im Lavanttal; im Obermurtal St. und im Saualmgebiet einschl. der westl. Hälfte des Lavanttales mit Erweiterungen (vgl. Ltg I,3) als pęrxtlwǫwa, -gǫwa, -wǭgɐ; pǫ̈rəxtl Krakauhintermühlen St., paraxtl Salla WSt.2. Përstel (vgl. Ltg III,2): bęɐštl nöstl.Tir. um Brandenbg. Kirchbichl, auch Kufstein neben bęɐxt, nach Schatz TWB 1,61 im Unterinntal; nöstl.MittelSt., z.B. bęɐß̌tl Pilz °Semriach St. (1938) 167 (s.a. Berschtel Steir. Wortsch. 69), BöW (1930), südl.Eisenwurzen Kralovec °Dreiländerecke OÖ-NÖ-St. (1967) 78, 79, K. 42 neben bęß̌tl.3. Përchel: bęɐxl Schönbg mittl.BöW.4. Përgel: bęrigl Altaussee St.5. Pettel (Mask.) Kinderschreck → Pëttel Bed. 2b.V. Vom Bair. als LW sind šperechta, šperechtra weit ins tschech. Gebiet vorgestoßen (KranzmayerPercht 55), beruhend auf Wortformen mit anl. s- wie Spërcht, Spëcht (unter Einfluß des Vogelnamens), die sich im Nbair. finden.VI. Doppelte Dem. mit neutr. Genus treten ganz vereinzelt auf: Prehtele Moro St. Oswald Kä. (1951) 130, pǫ̈rxtɐle Deutsch-Griffen Gurktal, Klein St. Paul Kä., berchtelen Schöpf TWB (1866) 516. Bedeutung1. Als weibl. Sagengestalt ist P. verbr. in der Osthälfte von Tir. (westl. Begrenzung durch die Achenseefurche, Einbeziehung des Zillertales mit allen Seitentälern), in ganz Sa., Kä., St., BöW., im Traunviertel u. Mostviertel; die östl. Begrenzung folgt einer Linie von St. Pölten bis Birkfeld St. mit einem kleinen Annex im Raum von Riegersburg; Streubelege im Waldviertel (vgl. Helmut P. Fielhauer: Mittwintermasken in Niederösterreich, unveröffentlichte Habil.- Schrift. Wien 1973). Syn.: (Përcht)frāu, (Pudel)frāu, (Luzel)frāu; (Haber)gēiß, (Pächel)hęxe, Klâfter, Luzia, (Përcht)můtter, (Pudel)můtter, (Samper)můtter; Quaternitze, Samperin, Semper, Stämpe, (Përchtra)wȧbe, (Përchtel)weib, (Pfinztag)weiblein); zur räuml. Verteilung der Syn. vgl. Kranzmayer Percht (insbes. K. 56) und Prochaska °Sagenfiguren 20f. Sachliches: Die zweifellos als Parallele zu Holda im germamschen Mythos mit seinen Ausprägungen des Wilden Heores und des Totenheeres (vgl. Waschnitius Percht und O. Höfler: Kultische Geheimbünde der Germanen. Frankfurt [1934] 1,319. 287 und passim) wurzelnde weibliche Sagengestalt trägt als Anführerin des Zuges der ungetauften Kinder tw. heute noch den ehrenden Titel Frau (z.B. frao bęɐxt Thalgau Sa., frao bęɐg, auch entstellt in rao bęɐg Ostermiething Innv.); in der Valarsa und in der Valterragnuolo (Provinz Trient It.) ist diese Anrede im italianisierten Namen Frobę́rta enthalten. In der SI Zarz ist die pę̄rte eine sagenhafte Königin; am Dreikönigstag, der danach ebenfalls pērte genannt wurde, gingen dort als P. verkleidete Mädchen herum. Lexer (KWB [1862] 21) nennt sie „die alte hausmütterliche Göttin Berchte (die Glänzende) oder Holle, die besonders im Möllthal auf fürchterliche Weise auftritt. Sie erschemt als grausliches Weib mit Tigermantel ohne Kopf, und man raucht für sie und macht Kreuzzeichen auf die Thüren. Als man bei einem Bauer das vergessen hatte, holte sie Nachts daraus einen Menschen, den sie morgens früh widerbrachte mit fremden Blumen an Händen und Füßen.“ Noch nach 1960 ließen sich im Mölltal derartige Traditionen feststellen (vgl. M. Hornung: Perchtenglaube und -brauch im mittleren Mölltal. Kärntner Landsmannschaft 1965/4 S. 6f.), desgleichen in Sagen im obersten Iselgebiet, bes. aus Kals und Prägraton (vgl. dazu Kataloge d. Phonogrammarchivs 1960, 1966, 1970). Wenn die maskierten Perchtengestalten im Mittelmölltal am Perchtenabend von Hof zu Hof ziehen, ist manchmal die Wilde Perchtel (die Frau P. selbst) unter ihnen. Am Abend des Dreikönigstages konnte man der Wilden P. begegnen, wenn man sich nicht im Hause aufhielt (Schabus°Lesachtal [1971] 130). Die Gestalt der P. und ihr Aussehen sind furchterregend und häßlich. Im Mölltal schildert man sie als Trägerin einer eisernen Nase. in der St. hat sie eine lange Nase, desgl. in der Valarsa und der Valterragnuolo, It., wie in dem mhd. Gedicht Von Berhten mit der langen nase (vgl. Hist.Bel.). Sie hat zottiges Haar (verbr.) und kann auch die Gestalt eines schwarzen zottigen Hundes haben (Steir.Wortsch. 69). Charakterisierend für die Wesenszüge der P. sind die verschiedenen Beinamen, die ihr in der SI Gottschee gegeben werden: neben pāxto-ß̌tompfo spricht man von der puərto-ß̌tompfo, der „bärtigen Stampferin“, der pāxto-müllo, der „mürrischen Percht“, der trüllo-müllo, der „unordentlich Mürrischen“ (TschinkelSI Gottschee 2,114); in Obergras SI Gottschee ist auch die haxlo-pāxto, die „Hechel- P.“, und die tsumpo-pāxto, die „stoßende P.“, anzutreffen (Tschinkelebd.). Die Frau P. geht bes. in den Rauhnächten (vgl. HDA 6,1480), vor allem in der Nacht vor dem Dreikönigstag (vom 5. auf den 6. Jänner) um allg., vgl. → (Përcht)nacht. In dieser Nacht nähert sie sich den Häusern, blickt beim Fenster herein, besichtigt (bes. im Mölltal) die Spinnarbeit (vgl. → Spindel) der Mädchen und Frauen (Motiv der Spinnstubenfrau, Waschnitius ebd. 28f.). Sie füllt den faulen Dienstmägden den Kehricht in den Bauch oder packt die Mägde bei den Füßen und kehrt mit ihrem offenen Haar den Kehricht zusammen (Großlobming St.). Für das Iselgebiet typisch ist die Erzählung vom „eingeschlagenen Beil“, das ein Bauernsohn ein Jahr lang durch die Rache der P. im Knie hatte. Das Motiv findet sich auch im Zusammenhang mit der → (Ge)stämpa (unter → Stämpe) in Welschnofen STir. (WaschnitiusPercht 39). Als Gabenspenderin tritt die P. in Österr. nur unter anderen Bez. auf. vgl. hiezu L. Schmidt in Zs. Bgl. 14 (1952) 122f. und L. Kretzenbacher ebd. 13 (195l) 162f. Wirleitner Sa. (1951) 38 nennt als Gefolge der P. die Hudelwuchei. Die Frau P. ist sehr oft von einem Gefolge begleitet; statt des gespenstischen Totenheeres sind es die „unschuldigen Kinder“, die ungetauft verstorbenen Kinder oder überhaupt „die verstorbenen kleinen Kinder“ (Kleinpöchlarn NÖ). Das kleinste der (vielfach 13) Kinder der Frau P. schleppt sich oft mühselig am Ende des Zuges nach. Durch Anrede mit einem aus Mitleid geprägten Namen (vgl. → [Zotter]wäschel) kann es erlöst werden, sw.NÖ um Waidhfn a.d. Ybbs u. Gaming. vgl. auch Waschnitius ebd. 47f. Der P. und ihrem Gefolge wird am Dreikönigsvorabend (→ [Përcht]âbend) eine Schüssel mit Milch oder Milchkoch auf den Tisch gestellt; aus Großlobming St. wird berichtet. daß 12 Löffel dabei vorzubereiten sind. Im Ybbstal NÖ. und mehrfach im nö. Alpenvorland und in der OberSt. ist mit dem Speiseopfer eine Vorausdeutung der Zukunft (vgl. → lö̂ßeln sowie F. Simhandl Mostv.[1955] 13f.) verbunden. In Trofaiach St. erhält die P. eine Milchsuppe. Die P., die mit dem Kinderzug ihre Milch (→ [Përchten]milch) löffeln kommt, wird → (Samper)můtter, Samperin genannt. H. P. Fielhauer, s.o. bietet für NÖ .eine eingehende Behandlung aller mit P. in Verbindung stehenden Motive; insbesonders hebt er die „soziale Kontrolle“ hervor. Zu Motiven und Verbr. in NÖ vgl. auch: Atlas von Niederösterreich. Wien 1955. K. 134a: „Berchtengestalten in Glaube und Brauch“. Hier wie bei Fielhauer. s.o., wird für das südwestl. Alpenvorland der „Tanz der P. auf der Tenne“ belegt. Waschnitius Percht 36 stellt auch eine motivliche Querverbindung zu → Maria fest. In Hüttschlag Großarltal Sa. heißt es: a droifawige ghǫtß dęrfsd nid fɐghafn, sīsd muɐsd mid dɐ bęɐxt umlafn eine dreifärbige Katze darfst du nicht verkaufen, sonst mußt du mit der P. herumlaufen (wirst du in ihren Zug aufgenommen). – Nach HDA 6,1480 sind für den Perchtentag bestimmte Mahlzeiten, Grütze u.dgl. vorgeschrieben; in Sa. (bes. Pinzgau. Pongau) entspricht dem das → (Pächel)koch (vgl. auch → [Pach]koch, [Pächel]tag). im sw. NÖ und in der OberSt. die → [Përchten]milch; vgl. auch R. Wolfram: Weihnachtsgast und „Heiliges Mahl“. In: Zs. f. Volkskunde 58. Stuttgart 1962. 1f.2. Maskierte Brauchtumsgestalt, die die Frau P. darstellt, einzeln oder in Gruppen auftretend, an versch. Stellen des unter Bed. 1 beschriebenen Raumes, mit bes. Schwerpunkten in Sa., OTir., Kä. Sachliches: Im Mölltal war es älteren Berichten zufolge meist eine einzelne Person (vgl. Waschnitius Percht 23), derzeit sind es dort ganze Gruppen von Perchteln; wenn die Wilde Perchtel unter ihnen ist, kann es ihnen schlecht ergehen (vgl. Hornung Perchtenglaube ebd.), ähnl. im Lesachtal (vgl. Schabus °Lesachtal [1971] 130). Beim → (Përchten)jagen zieht „die Perchtel am Vorabend des Perchtentages und am Nachmittage desselben nach dem Segen in den Häusern umher. Sie hat einen Pelz, eine fürchterliche hölzerne Larve und eine Kuhglocke am Rücken. Mit wilden Gebärden hüpft sie im Hause herum, verfolgt die Leute, fragt nach der Artigkeit der Kinder und sammelt Gaben mit den Worten: Kinder oder Speck, derweil geh' ich nicht weg!“ (WaschnitiusPercht 24); ähnl. Lexer KWB (1862) 21 und Hornung Perchtenglaube ebd. Nach Waschnitius ebd. sind am Perchtenjagen höchstens zwei Männer beteiligt, Lexer spricht nur von der Perchtel allein. In ähnl. Weise tritt die maskierte P. auch im Gailtal auf (Waschnitius ebd. 25). Maskierte Perchteln liefen (→ [Përchtel]springen) früher um Dreikönig im gesamten Iseltal umher. Aus Virgen wird dabei das Springen über den Brunnentrog mehrfach hervorgehoben (Waschnitius Percht 24). In Oberlienz fand das bergtlspringen um Weihnachten statt (Waschnitius ebd. 38). Der → (Përchten)lāuf (nach Waschnitius ebd. 159 ein „Bewegungsritus, verbunden mit einer mimischen Darstellung des umziehenden Seelenheeres zur Förderung der animalischen und vegetativen Fruchtbarkeit“, vgl. auch K. Zimburg: Salzburger Volksbräuche [1972] 78f.) soll in Lienz aus einem großen Spielaufzug mit verschiedenartigen Maskengestalten bestanden haben (Waschnitius ebd. 37). In Lienz ist auch ein aufgeschriebenes Perchtenspiel bezeugt. Besonders berühmt ist der Perchtenlauf im Land Sa.; er soll 1796 noch in allen Orten des Pinzgaus und Pongaus stattgefunden haben (Waschnitius ebd. 57). Charakteristisch ist hier die Zweiteilung in schöne und schieche P. Die Pongauer → (Schö̂n)përchten sind Burschen in Landestracht mit eigenartigem hochaufgebautem Kopfputz; bęɐxt wird hier als Mask. gebraucht. Die Pinzgauer P. erscheinen in weiblicher Kleidung mit einer gewaltigen Federkrone auf dem Kopf. Der → (Përchten)tanz, bes. das sog. → trëstern, ist hier beschwingter (Waschnitiusebd. 60). Wolfram (Tanz 45f.) berichtet von den hohen Sprüngen, die mit Hilfe von Stöcken beim Perchtentanz in Krimml Oberpinzgau gemacht wurden, und von einem Toben, das an die Wilde Jagd gemahnt. Wenn viele P. umgehen, ist nach der Volksmeinung ein glückliches Jahr zu erwarten verbr. Zu den Maskenumzügen in NTir. vgl. Dörrer Tir. Vergleichbar ist das im Fasching durchgeführte Laufen der → (rollechten) Lotter SI Pladen. Zu den → (Përchten)masken vgl. L. Schmidt: Perchtenmasken in Österreich. Wien 1972. Vgl. auch F. Prodinger: Beiträge zur Perchtenforschung. In: Zs.Sa. l00 (1960) 545f.; dies.: Perchtenbilder aus dem 18.Jh. SalzburgerMuseum Carolino Augusteum Bd 4 (1959) 123f.; Karl Haiding, Berchtenbräuche im steirischen Ennsbereich. In: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien 95 (1965) 322f.3. Häßliche, schlampig gekleidete Frau Unterinntal, Schöpf TWB (1866) 516; in Kitzbühel Tir. für Person mit wirrem Haar; bɐnǫnd wiɐ ɐ bęɐxd (beieinander wie eine P.) schlampig und geschmacklos angezogen Großarltal Pongau; du bęɐxl du, dǫ węɐ(b)mɐ bǫed ruɐ(b)m aͦ(n)bao(n) du P. (Schmutzfink), da werden wir bald Rüben anbauen (so schmutzig bist du) Schönbg mittl.BöW; du schwaͦrzes Prechtele ebenfalls tadelnd auf Kinder bezogen Moro St. Oswald Kä. (1951) 130; in Zell am Ziller Tir. und in Heiligenblut Kä. ist P. Schimpfname ohne bes. Färbung; pę́hta „ungeschicktes, dickes Frauenzimmer“ Pieteršnik 2,19.4. Kinderschreck: Im Drautal Kä. ist P. ein Schreckwort für Kinder wie → Wauwau Lexer KWB (1862) 21; im Unterinntal Tir. gilt P. als Schreckfigur, die mit dem → Nikolaus kommt Schatz TWB 1,61; in Tux Zillertal werden die Kinder zur Weihnachtszeit mit den pę̄χtn (Pl.) geschreckt, in der südl.Eisenwurzen mit der bęß̌tl Kralovec °Dreiländerecke OÖ-NÖ-St. (1967) 78f., K. 42, in Wals Flachgau mit Frau Bercht, in Gams bei Hieflau Ennstal mit der bęɐß̌tl.5. Lichtreflex eines Spiegels: Die Frau P. hat (der Kärntner Sage nach) „Augen wie Glasscheiben“ (LexerKWB [1862] 21); darauf beruht jedenfalls die Bed. „Lichtschein, den ein Spiegel wirft, wenn die Sonne hineinscheint“ ebd.; dass. St. Oswald Nockgebiet. Vgl. mhd. bërhtel „Lichtschein“ unter Etym.6. Als Vegetationsdämon (vgl. Waschnitius Percht 26 u.ö.) kann die P. auch das Wetter beeinflussen; daher die Wetterregel: Percht bringt den Schnee Großarltal Sa.7. In Tir. ist P. mehrfach Bestandteil von FN wie Perchtenbreiter (Breite, d.i. Acker, einer Frau namens Perchte), versteckt in Perathoner (vgl. Finsterwalder FN Tir. 150), in Hofnamen wie Perchtelkaspar und Perchtelbeck Kufstein Tir. Wortbildung (Komposita) (Prôt)përcht(e), (Prôt)përchtel: 1) maskierte Perchtengestalt im Rahmen des Perchtenumzuges, die um Brot bettelt: prå̄dpęrxt ob.Pinzgau; – 2) Pl.: größere Kinder, die in schlechter Kleidung zu Nikolaus (6.12.) von Haus zu Haus um Brot betteln gehen Fusch Pinzgau. (Pünkellein)përcht:1. maskierte Perchtengestalt mit Sammelkorb: pinka(d)lpę̄χtə Hupfauf Zillertal (1956) 153; damit aßze ausschaut wia a Binggalpechte damit sie aussieht wie eine häßliche P. (Zillertal) Sonntagspost 12.3.1950;2. Kinderschreck Zell am Ziller Tir.;3. Verkleideter Bettler: ,,Am 5. Jänner ziehen auch die Binggalpêchtn von Haus zu Haus. Dabei handelt es sich um arme Leute oder deren Kinder, die vermummt und mit einem Körbchen oder einer Tasche (Binkel) auf Bettel ausgehen" Hupfauf Zillertal (1956) 110, vgl. Schatz TWB 1,61. (Tafel)përcht: Faschingsfigur, die spitzgestellte Tafeln in hohem Gestell auf dem Kopf trägt Pongau Geramb Sitte 50. (Teufel)përcht: P. mit Teufelsmaske, Schreckgestalt für Kinder: doiflbęɐxt Rauris Pinzgau. (For)përcht: Gestalt beim Perchtenlaufen: fǫrpęrxt Krimml Pinzgau. (Inn)përcht: eine der Sage nach auf dem Inn hausende P., Pie die Innschiffleute plagte Neweklowsky 3,407. (Kinder)përcht: P. als Schreckgestalt für Kinder Großarltal Sa. (Krâpfen)përcht: Perchtengestalt unbestimmter Ausprägung (wohl um Krapfen bettelnd) Dienten Pinzgau, vgl. Schatz TWB 1,61. (Drei-künig)përcht: um Dreikönig (6.1.) als Schreckgestalt für Kinder auftretende P. Kirchdf nöstl.Tir., Flachgau Sa. (Liecht-mëss)përcht: Perchtengestalt, die zu Mariä Lichtmeß (2.2.) kam: liɐxpmespärxtl Zederhaus Sa. (Gëb -nacht)përcht: Frau P. als Heischerin eines Speiseopfers: „Am Dreikönigsabend hat man von allen Speisen für die ,Gömmachtperchte' etwas übrig gelassen. Am Morgen essen alle Familienmitglieder nun von dem, was die Perchte übrig gelassen hat“ Hupfauf Zillertal (1957) 36; in Stummerbg Zillertal, Zell a. Ziller und in der Umg. von Schwaz Tir. werden die Kinder mit dieser Gestalt geschreckt; aus Vomp und Weerbg Unterinntal wird berichtet, daß die G. eine Frau sei, die zu Weihnachten kommt, um für sie aufgestellte Milch zu trinken, vgl. auch Schatz TWB 1,61. Etym.: „Zum Geben bestimmte Nacht“, → (Gëb)nacht. (Schnabel)përcht: Mask. u. Fem., maskierte Perchtengestalt, deren Larve aus einem Vogelkopf mit mächtigem auf- und zuklappbarem Schnabel besteht; der Schnabelpercht ist am Gasteiner Perchtenlauf beteiligt (vgl. H. v. Zimburg: Der Perchtenlauf in der Gastein. Wien 1947, Abb. 21); als einzelne Brauchtumsgestalt, die mit qua-qua -Geschrei die Häuser besucht Rauris Sa. (vgl. Zimburg Salzburger Volksbräuche 82); šnǭwöbęɐxt Saalbach, Mittersill Pinzgau; in Dienten Pinzgau dient die S. als Kinderschreck. – Nicht nur die lange Nase der P. (s.o. Etym.) ist in dieser Gestalt symbolisiert, viell. besteht auch eine Verbindung zu einer Erscheinungsform der P. als Vogel (vgl. Spërcht u. Spëcht für P. im Nbair.; Kranzmayer Percht 55 verweist darauf, daß der Specht im dt. Volksglauben ein mythisches Seelentier sei). (Schö̂n)përcht: beim → (Përchten)lāuf im Pinzgau u. Pongau auftretende „schön“ gekleidete Maskengestalt šę̄(n)bęrxt; zu den S. gehört z.B. die sog. Kappenpercht mit einem hohen Kopfgestell, auf dem im Gasteinertal eine einfache Tafel, im Pongau zwei bis drei auf den Spitzen übereinander gestellte Quadrate getragen werden. Das Holzgestell ist mit weißer Leinwand oder rotem Tuch überzogen; darauf werden Spiegel und Schmuck aller Art angebracht (Näheres s. Zimburg Perchtenlauf 29). Nach Geramb Sitte 10 stellen die Vermummungen in der Dreikönigsnacht z.T. kultische Gewänder dar (weiße Hemden = „Schönperchten“), z.T. die Unholden („schiache Perchten“, vgl. → schieh). P. ist BW in → (Përcht)âbend, (Përcht[en])tag, (Përchten)tanz, -trësterer, (Përcht[el])gâbe, (Përchtel)goba, (Përchten)jagen, -lāuf, -lǟufer, -milch, (Përcht)můtter, (Përcht[en])nacht, -nudel, (Përchten)schāuen, -springen, (Përchta)wȧbe, (Përchtel)-. Wortbildung (Ableitung) përchteln, përchten. WBÖ 2, 1035.
WBÖ Band 2, S. 1035
Zitation
Hornung, Maria: Përcht(e). In: Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich (WBÖ). Publiziert über das Lexikalische Informationssystem Österreich (LIÖ). URL: https://lioe.dioe.at/articles/lieferung14-5%23Percht_1 [Zugriff: 16.05.2025] (Originalquelle: Wörterbuch der bairischen Mundarten in Österreich. Bd. 2. Herausgegeben im Auftrag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften von der Kommission zur Schaffung des Österreichisch-Bayerischen Wörterbuches und zur Erforschung unserer Mundarten. Wien: Kommissionsverlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. 1976. S. 1035).In Zusammenarbeit mit